Rundbrief Kultur
Liebe Leserinnen und Leser des Grünen Rundbriefes,
schon
Seit vielen Jahren setzt die Stadt Ulm vermehrt auf die Arbeit in
Quartieren
und Sozialräumen. Dabei geht es darum, dass Menschen genau die
Infrastruktur und Angebote in unmittelbarer Nähe haben, die sie
brauchen. Sozusagen eine Kleinstadt in der Großstadt, mitten im eigenen
Quartier. Sei es Einkaufen, die Kita, ärztliche Versorgung,
aber auch die Dezentralisierung von Verwaltungsstrukturen und die
Möglichkeit der direkten Vernetzung und des Kontakts, zum Beispiel in
Familienzentren oder Cafés, all das bieten die Quartiere von heute. Für
eine immer weiter wachsende Stadt sind Quartiere,
in denen man sich zu Hause fühlt, besonders wertvoll.
In den verschiedenen Quartieren, gibt es sowohl für Kindern als auch
ältere Menschen, Angebote gemeinsam zu spielen (Spielmobil), in
Austausch zu kommen (Canapé Café, Schwätzbänkle) oder sich gegenseitig
zu unterstützen (Nachbarschaftshilfe).
Jedoch scheint aus unserer Sicht das Thema der kulturellen Angebote
innerhalb der Quartiere noch in den Kinderschuhen zu stecken. Kultur
sollte aus unserer Sicht auch niederschwellig und barrierearm für
verschiedenste Menschen erreichbar sein.
Besonders Kinder und ältere Menschen würden von vermehrten kulturellen
Angeboten in den Quartieren profitieren. Kinder aus bildungsferneren
Familien oder Familien mit wenig Geld, würden sich leichter tun mit
kulturellen Angeboten in Kontakt zu kommen und diese
wahrzunehmen, wenn sie neben ihrem Spielplatz oder Familienzentrum
stattfinden statt ausschließlich an ihren angestammten Sitzen. Für
ältere Menschen, die teilweise nicht mehr gut zu Fuß sind, fällt ein
Theaterbesuch leichter, der vielleicht im Gebäude neben
dem Supermarkt stattfindet, den sie nutzen.
Neben der freien Kulturszene, die, gemäß ihres Namens, deutlich
ortsungebundener agiert, ist es aus unserer Sicht ebenso notwendig, dass
die institutionelle Kultur raus aus den klassischen Gebäuden des
Museums und des Theaters, hin zu den Menschen geht.
Kultur im Quartier kann zum Beispiel ein Trommelkurs im Stadtteilzentrum
sein, der vom Nachbarn angeboten wird. Eine Ausstellung, die in einem
temporär leerstehenden Laden stattfindet und vom Museum organisiert
wird. Oder ein Theaterstück, das einfach mal auf
dem Platz stattfindet, wo am Vormittag noch der Markt war statt im
Theater selbst.
Kultur für alle Menschen niederschwellig zugänglich machen, ist ein Ziel
der Grünen Fraktion. Dazu gehört auch, dass Diskussionen angestoßen
werden, Kultur weitergedacht wird, Gelder anders genutzt werden. Dafür
werden wir uns in den nächsten Jahren stark machen.
Mit herzlichen Grüßen
Julia Mies, Uli Metzger, Elke Reuther und Doris Schiele
im Kulturausschuss für die GRÜNE Fraktion
Der
Rückgang der Abonnentenzahlen und der Altersdurchschnitt des Publikums
z.B. bei Vorstellungen im Ulmer Theater und bei den Konzerten des
philharmonischen Orchesters geben seit Jahren Anlass, die
Kulturvermittlung in Ulm aufzubauen und bereits in der Kita das
Interesse für kulturelle Bildung zu wecken. Darüber hinaus ist
kulturelle Bildung ein Baustein der Persönlichkeitsentwicklung und
sichert durch gegenseitigen Respekt das friedliche Zusammenleben der
Menschen in einer Stadtgesellschaft. Bereits 1982 wurde die
Kultur allgemein als einer der „Schutzwälle des Friedens“ in der
Erklärung der UNESCO zur Kulturpolitik bezeichnet.
Die Stadt Ulm baut seit 2009 mit Unterstützung der GRÜNEN Fraktion die
Kulturvermittlung in Ulm aus, allerdings dauerte es mehr als 1
Jahrzehnt, bis die ersten Kulturlöwinnen und -löwen in den Kindergärten
und KiTas aktiv werden konnten. Und immer noch ist
die Nachfrage größer als das Angebot. Jugendliche und junge Erwachsene
sind dabei nur wenig im Fokus, insbesondere wenn sie in sog.
bildungsfernen Haushalten leben.
Unter dem Slogan „Kultur aber in cool“ luden deshalb die GRÜNEN
Mitglieder des Kulturausschusses, Uli Metzger, Julia Mies, Elke Reuther
und Doris Schiele Jugendliche zum Gespräch auf dem Wiblinger Tannenplatz
ein. Unterstützt durch die Kulturhupe der Kulturabteilung,
einem mobilen Eisstand sowie Mitgliedern der Jungen Ulmer Bühne stieß
die Aktion an einem Nachmittag im Mai auf reges Interesse. Wir waren bis
zuletzt selbst unsicher, ob wir den richtigen Zugang gewählt hatten
oder ob die Jugendlichen für ein kostenloses
Eis nur irgendwelche Phrasen von sich geben. Aber bereits nach wenigen
Minuten hatten die Künstler*innen der Jungen Ulmer Bühne auf die Aktion
aufmerksam gemacht und die ersten Kontakte hergestellt. Danach wurde es
zum Selbstläufer: über Handy waren schnell
Freund*innen informiert und wir hatten den Eindruck, dass die
Jugendlichen es noch nicht oft erlebt hatten, nach ihrer Meinung und
ihren Wünschen gefragt zu werden. Und dafür auch noch mit einem Eis
belohnt zu werden…
Neben ganz gezielten Fragen wie „Welche Kulturveranstaltung hast du als
letztes besucht? Was hat dir da gefallen? Was würdest du besser machen?“
wollten wir auch wissen „Wieso braucht ein Mensch aus deiner Sicht
Kultur?“. Die Jugendlichen berichteten uns freimütig
über ihre Erfahrungen mit schulischen Konzert- und Theaterbesuchen,
hatten meist konkrete Vorstellungen von Kulturangeboten, die ihnen Spaß
machen und berichteten über kulturelle Ereignisse in ihren Familien. Bei
den zahlreichen Gesprächen kristallisierten
sich folgende Punkte für weitere Arbeit der GRÜNEN Kulturfraktion
heraus:
Angebote aller Kulturträger in Ulm müssen vermehrt in den einzelnen
Stadtteilen erfolgen. Theaterbesuche in der Innenstadt waren für viele
der Kinder, mit denen wir gesprochen haben, wenn überhaupt dann nur eine
einmalige Ausnahme
Die Kulturangebote müssen familiäre Strukturen einbinden und dürfen
nicht nur Kinder und Jugendliche ansprechen sondern auch deren Eltern
bzw. Angebote für den ganzen Familienverbund bieten. Für viele Kinder
wurde Kultur mit Familienfeiern wie Hochzeiten oder
Geburtstage aber auch religiösen Veranstaltungen verbunden.
Die ersten Kontakte müssen niederschwellig sein und zum Mitmachen
anregen. Jugendliche berichteten uns begeistert von ihrer eigenen
Rap-gruppe und welchen Spaß ihnen es macht, selbst zu Singen und zu
Tanzen
Nach diesem aufschlussreichen Nachmittag, der uns allen auch sehr viel
Spaß gemacht hat, werteten wir unsere Eindrücke zusammen mit den
Kulturvermittlerinnen in der Kulturabteilung der Stadt Ulm aus. Bei den
Referentinnen stießen wir auf sehr viel Zustimmung
und wir schauen zuversichtlich dem nächsten Bericht im Kulturausschuss
des Gemeinderats entgegen. Wir sind damit auf dem richtigen Weg, bleiben
an dem Thema dran und werden verstärkt bei allen kulturellen
Einrichtungen darauf drängen, deren niederschwellige
Präsenz in den Stadtteilen zu forcieren.
Die
freie Kulturszene in Ulm wurde von der Stadt mitgedacht und
unterstützt. Um die freie Szene weiter zu fördern und zu unterstützen
können folgende Maßnahmen sinnvoll sein.
1. Bereitstellung von günstigen Räumlichkeiten: kostengünstige
Räumlichkeiten auch zur Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen, die
der freien Kulturszene als Proben- und Veranstaltungsorte dienen. Dies
wird mehr Möglichkeiten für kreative Aktivitäten bieten.
2. Finanzielle Unterstützung: finanzielle Unterstützungsprogramme für
Künstler und Kulturschaffende fördern und erweitern. Dies wird es der
Kulturszene ermöglichen, ihre Projekte in Zukunft zu realisieren und
weiterzuentwickeln.
3. Bewerbung von Veranstaltungen: die freie Kulturszene in Zukunft aktiv
bei der Bewerbung ihrer Veranstaltungen zu unterstützen (Plakate). Dies
wird dazu beitragen, ein breites Publikum zu erreichen und den
kulturellen Austausch zu fördern.
4. Späte Veranstaltungen: Es sollen Räume ermöglicht werden, in denen
kulturelle Veranstaltungen auch nach 22 Uhr stattfinden können. Dies
wird ein vielfältiges Abendprogramm ermöglichen und das kulturelle Leben
in der Stadt in Zukunft bereichern.
5. Kulturvermittlung: personelle und finanzielle Unterstützung für
Programme bereitstellen, die es Künstlern ermöglichen, in Schulen und
Kitas zu gehen, um Kinder und Jugendliche für Kultur zu begeistern. Dies
wird zur kulturellen Bildung und Förderung beitragen.
Diese Maßnahmen für die freie Kulturszene können dazu beitragen, die
kulturelle Vielfalt und Kreativität in unserer Stadt in den kommenden
Jahren zu fördern.
„Kultur
ist nötig für die Seele, fürs Wohlergehen, fürs Denken. " –
„Durch Kultur wird das Leben bunt und gut. "
Diese beiden Sätze stammen von Menschen, die Mitglieder der GRÜNEN
Fraktion im Juni 2023 auf dem Wiblinger Quartiersplatz nach ihren
Erfahrungen und Wünschen im Blick auf Kultur befragten.
Auch die städtischen Kultureinrichtungen leisten einen wichtigen Beitrag, um das „Leben bunt und gut" zu machen.
Das Museum Ulm, das Theater Ulm, die Musikschule, das Stadthaus, das
Naturmuseum, die Stadtbibliothek
und das Haus der Stadtgeschichte bieten auf hohem Niveau Anregungen
„für die Seele, fürs Wohlergehen, fürs Denken".
Die GRÜNE Fraktion achtet die Leistungen dieser Institutionen sehr und
unterstützt sie in den Sitzungen des Kulturausschusses und in den
Beratungen für den Haushalt.
Gleichzeitig legt sie Wert darauf, dass die Kultureinrichtungen nicht nur konsumierbare Angebote machen, sondern proaktiv Menschen zur Partizipation bewegen. Die Einrichtungen sollten die Menschen nicht als Konsumenten in den Blick nehmen, sondern versuchen, sie als selbständige Subjekte zu betrachten und zu aktivieren.
Die Kultureinrichtungen sind sich offenbar dieser Aufgabe bereits
bewusst und unternehmen zahlreiche Bemühungen in diese Richtung. Dafür
einige Beispiele.
Das Museum Ulm nutzt die
Zeit der Umbaus, um mit seinen potentiellen Besucherinnen und Besuchern
in einen Dialog über die Zukunft des Museums zu treten, siehe: https: //museumulm. de/museum/nextmuseum-io/
Die Stadtbibliothek bereitet Formate und Räumlichkeiten vor, in denen
Nutzerinnen und Nutzer nicht nur aus Regalen und Katalogen Bücher
aussuchen, sondern die als „Dritter Ort" fungieren können, der die
eigene Wohnung und die Arbeitsstätte oder Bildungseinrichtung
ergänzt.
Die Stadtbibliothek soll
zum einladenden Ort des kooperativen Arbeitens werden, an dem z. B.
Schülerinnen und Schüler Hausaufgaben erledigen und an dem Studierende
Hausarbeiten oder Referate verfassen.
Das Theater Ulm hat ein
umfangreiches theaterpädagogisches Angebot für Schulklassen und lädt zur
„Theaterbande" und zur „Bürgerbühne", d. h. zum Mitmachtheater für
Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zu begrüßen
ist, dass das Theaterensemble seine eigenen Räumlichkeiten immer wieder
verlässt und alternative Spielstätten sucht: das Museum, das Münster,
die Wengenkirche und die Basilika Wiblingen, aber auch ein Autohaus. Es
kann so Menschen erreichen, für die der Eintritt
ins Theater eine Hürde darstellt.
Aktivierung und Partizipation sind für pädagogische Einrichtungen wir die Musikschule und das Naturmuseum ohnehin wesentliche Bestandteile ihrer Arbeit. Die gerade eröffnete Ausstellung „Demokratie auslösen: Gerechtigkeit" im Stadthaus Ulm ist ein
besonders gelungenes Beispiel für die Aktivierung und Partizipation von
Schülerinnen und Schülern am Selbstverständigungsprozess unserer
Stadtgesellschaft.
Durch die Kulturloge und günstigen oder kostenlosen Eintritt wird sehr vielen ärmeren Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht.
Die GRÜNE Fraktion unterstützt ausdrücklich diese vielfältigen Ansätze.
Kultur wird durch sie zu einem Medium, in dem zahlreiche Menschen
selbständig „für die Seele, fürs Wohlergehen, fürs Denken" aktiv werden.
Wir regen im Gespräch mit den Verantwortlichen an, dass diese guten Ansätze intensiviert werden und noch breiter in die Stadtteile, die Jugendkultur und die soziologischen Milieus hineinwirken. Kunst und Kultur sollten
immer sich mehr mit der Alltagswirklichkeit der Menschen verbinden.
Durch gelingende Kulturvermittlung soll für möglichst viele Menschen erlebbar werden, dass Kultur das Leben bunt und schön macht.
Der KulturPass ist ein Projekt der Bundesregierung, das es 18-jährigen ermöglicht, mit einem Budget von 200 Euro auf kulturelle Entdeckungstour zu gehen. Die KulturPass-App steht seit dem 14. Juni 2023 zum Download bereit und wurde bereits von mehr als 175.000 18-Jährigen mit der eID freigeschaltet. Mit dem KulturPass sollen nicht nur junge Menschen, sondern auch Kultureinrichtungen unterstützt werden, die durch die Corona-Pandemie hart getroffen wurden und noch immer darum kämpfen, ihr Publikum zurückzugewinnen. Ziel ist es, durch den KulturPass die Nachfrage in den Einrichtungen zu stärken und ihnen zu ermöglichen, neues Publikum für sich zu gewinnen. Kulturanbieter wie Kinos, Buchhandlungen und Konzertveranstalter können sich auf der digitalen Plattform einen "Shop" einrichten und dort ihre Angebote registrieren. Die Kosten für die abgerufenen Angebote werden ihnen im Nachgang erstattet. Der KulturPass folgt dem Vorbild anderer europäischer Länder, die bereits einen KulturPass eingeführt haben.
Mehr Informationen dazu hier.