März 2021
Liebe Ulmerinnen und Ulmer, liebe Leser*innen unseres Rundbriefs,
es gab schon sehr lange keinen Rundbrief mehr, weil das politische Geschehen von der Landtagswahl und von Corona überlagert worden ist. Und auch dieser Rundbrief wird entgegen dem üblichen Format eher kurz ausfallen. Es ist zugleich der letzte Rundbrief, der von mir verfasst wird.Sie werden schon ahnen, warum.
Ihr Herausgeber der GRÜNEN Nachrichten
Michael Joukov-Schwelling
Die Adenauerbrücke ist knapp 70 Jahre alt und muss ersetzt werden. Bald wird der Bund die Entscheidung treffen, ob die neue Brücke sechsspurig wird, wie die alte, oder auf acht Spuren verbreitet wird. Die Städte Neu-Ulm und Ulm sollen dazu Stellung nehmen, welche Lösung sie befürworten. Neu-Ulm hat bereits für acht Spuren plädiert. Die Entscheidung des Ulmer Gemeinderats war für den 24. März geplant, auf GRÜNEN Antrag hin findet nun eine zweite Lesung am 5. Mai statt.
Für uns GRÜNE steht es außer Frage, dass sechs Spuren die bessere Lösung sind. Dafür spricht eine Vielzahl von Argumenten, vor allem der geringere Eingriff in den Baumbestand und die angestrebte Verkehrswende. „Von [dieser] Entscheidung geht auch ein Signal aus, ob wir es Ulm ernst meinen mit der Verkehrswende, oder ob das nur Schönwetterworte sind, die nach jedem ungehaltenen Schreiben der IHK wieder zurückgenommen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen!“, verdeutlichte Lena Christin Schwelling die GRÜNE Haltung.
Leider stimmte die Mehrheit des Gemeinderats dagegen, den Verkehrsentwicklungsplan fortzuschreiben, um belastbare Zahlen darüber zu haben, wie der Verkehrsfluss sein wird nach Umsetzung der Beschlüsse zur Steigerung des Radverkehrs- und des ÖPNV-Anteils. In etlichen Beiträgen kam die Vorstellung durch, dass das Straßenverkehrsaufkommen auch in den kommenden Jahrzehnten eher zunehmen wird. Dass die Ressourcen, vor allem das Klimabudget, dafür kaum reichen werden, scheint sich nicht herumgesprochen zu haben.
Mit der zweiten Lesung geben wir den Kolleginnen und Kollegen genügend Zeit, die Argumente erneut abzuwägen. Damit die Entscheidung reifen kann, ohne sich „übermannt“ zu fühlen, und alle Beteiligten zu ihrem Votum stehen können, ohne auf ein allgemeines „so hat man damals eben geplant“ zurückgreifen zu müssen. Leider hat der OB nach dem Beschluss die Wortmeldungen von Dr. Karin Graf und Eva-Maria Glathe-Braun nicht mehr aufgerufen, was schade ist, weil die beiden so keine Gelegenheit hatten, ihre Meinung kund zu tun, die nicht mit der ihrer jeweiligen Fraktionsmehrheit übereistimmt. Das Votum der Stadt ist bedeutend, und muss entsprechend sorgfältig abgewogen werden, auch wenn es durchaus denkbar ist, dass ein etwaiger Wechsel an der Spitze des Bundesverkehrsministeriums auch einen Einfluss auf die Gestaltung der Adenauerbrücke hätte.
Mit 27.671 Stimmen, davon 19.693 aus der Stadt Ulm wurde Michael Joukov-Schwelling gewählt, um den Wahlkreis Ulm im Stuttgarter Landtag zu vertreten. Über 38% sind ein sehr starkes Votum, eines der besten Ergebnisse landesweit, und sollten ernst genommen werden. Und das bedeutet, dass es nach knapp 17 Jahren Zeit wird, vom Ratstisch Abschied zu nehmen
„Den Auftrag, die Region in Stuttgart zu vertreten, nehme ich voller Demut an und freue mich darauf, mein Bestes für Klimaschutz und Verkehrswende zu geben.
Es wird mein oberstes Anliegen sein, auch in der neuen Funktion für die Bürgerinnen und Bürger unseres Wahlkreises und unserer wunderschönen Stadt da zu sein. Schließlich sind Sie (egal auf welcher politischen Ebene) unsere Auftraggeber*innen, und nicht unsere Untertanen, diese Grundhaltung leitet mich seit Jahren.
Ich danke allen, die beim Wahlkampf mitgeholfen haben, ich hatte das unglaubliche Privileg, ein tolles Wahlkampf-Team an meiner Seite zu haben.
Mein größter Dank gilt Elena Weber, der mit-Kandidatin. Wir haben den Wahlkampf gemeinsam geführt, und das auf Augenhöhe. Leider hat die Presse, die dieses Format (beide auf Augenhöhe) nicht annehmen wollte, Elena in der Berichterstattung häufig außen vor gelassen. Umso wichtiger ist es mir, zu betonen: der Wahlerfolg (bestes Ergebnis aller Zeiten und ein Direktmandat) war eine GEMEINSCHAFTSLEISTUNG.
Mein Stadtratsmandat werde ich zum kommenden Schwörmontag aufgeben, mit Julia Drozd rückt eine sehr engagierte Studentin nach. Es gibt wenig Schöneres auf der Welt, als Ulmer Stadtrat zu sein. Aber ich bin nicht in die Politik gegangen, um selber Spaß zu haben, sondern um für eine bessere Zukunft zu arbeiten, und habe nun das Mandat, dieses in einem größeren Rahmen zu tun. Ich glaube nicht, dass man ein guter Landtagsabgeordneter und ein guter Stadtrat zugleich sein kann. Daher steht mein Ausscheiden aus der Kommunalpolitik nun bevor“, kommentiert der bald-MdL.
Wenn am Schwörmontag Julia Drozd, die nächste Nachrückerin, als Stadträtin vereidigt wird, bekommen die Stadt und die GRÜNE Fraktion eine (weitere) ganz engagierte junge Frau als Stadträtin. Julia Drozd kam vor 26 Jahren in Ulm-Wiblingen zur Welt, und wuchs dort auch auf. Sie besuchte die Grundschule Tannenplatz und machte am Albert-Einstein-Gymnasium ihr Abitur. Sie hat an der Uni Ulm ihren Bachelor in Psychologie gemacht und studiert nun Informatik auf Master.
Sie engagiert sich als Redakteurin bei Radio Free FM, wo sie Vegup, eine vegan-vegetarische Sendung, moderiert. Sie ist auch bei Foodsharing aktiv. Dabei holt sie Lebensmittel ab, die sonst vernichtet werden würden und verteilt sie. Ihre Schwerpunkte sind der Einsatz gegen den Klimawandel, für eine offene Gesellschaft und vor allem für den Tierschutz. Als künftig jüngstes Ratsmitglied wird sie natürlich auch die Aufgabe übernehmen, der Sichtweise und den Belangen der kommenden Generation eine Stimme zu verleihen. In welchen Gremien sie die Fraktion vertritt, steht noch nicht fest, aber es sind ja noch einige Wochen bis zum Juli, sodass es genug Zeit geben wird, alles zu klären, was bis dahin geklärt werden muss. Bei der Wahl am 26. Mai 2019 erhielt sie 12.099 Stimmen und wurde um acht Plätze „vorgewählt“, ein überaus überzeugendes Vertrauensvotum.
Die GRÜNE Fraktion wird also mit ihrer Vereidigung aus 9 Frauen und 3 Männern bestehen. Der gesamte Gemeinderat erreicht mit 47,5% Frauenanteil einen Spitzenplatz in ganz Deutschland. Sollte der wiedergewählte Abgeordnete Martin Rivoir dem GRÜNEN Beispiel folgen, wäre Ulm nicht nur der erste Kreis in der deutschen Geschichte, der die 50% schafft, es würde mit der BUND-Landesvorsitzenden Dr. Brigitte Dahlbender auch eine starke Stimme für den Naturschutz nachrücken.
In der ersten Sitzung nach der Landtagswahl hat die GRÜNE Fraktion Lena Christin Schwelling als neue Fraktionsgeschäftsführerin (und im Nebenamt künftige Herausgeberin der GRÜNEN Nachrichten) bestimmt. Anfang April übernimmt sie die Aufgaben. „Es ist eine große Herausforderung, zumal in Corona-Zeiten, die Arbeit der größten Fraktion am Ratstisch zu organisieren. Aber ich freue mich sehr darauf, auch beruflich in der Kommunalpolitik tätig zu sein, und mich noch stärker für die Klärung der Zukunftsfragen der Stadt einzubringen. Klimaschutz, Verkehrswende, eine offene und solidarische Gesellschaft – dafür wir eine starke GRÜNE Stimme dringende benötigt denn je zuvor“, kommentiert die neue Fraktionsgeschäftsführerin.
Da die zweite Mitarbeiterin im Fraktionsbüro, Denise Elisa Niggemeier, künftig im Wahlkreisbüro des neuen Abgeordneten tätig sein wird, wird ihre Stelle frei. Wir bitten um Lektüre der folgenden Ausschreibung, die Sie gerne weitergeben dürfen:
Die GRÜNE Fraktion sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Fraktionsassistent*in
Zu den Aufgaben gehören die Unterstützung des Fraktionsvorstands und der Fraktionsgeschäftsführerin in den Bereichen:
Organisatorische Vorbereitung der Fraktionssitzung, die Erstellung und der Versand der Einladung auf Weisung des Vorstands ; Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der von der Fraktion beschlossenen Grundsätze, insbesondere die Veröffentlichung über elektronische Medien; Recherche für die Fraktion; Umsetzung von Fraktionsbeschlüssen organisatorischer Art; Angebot von regelmäßigen Öffnungszeiten in der Geschäftsstelle; Terminkoordination; Archiv und Ablage.
Die Arbeitsvergütung erfolgt als geringfügige Beschäftigung, mit einem Netto-Monatsentgelt von 450 Euro. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit beträgt 7 Stunden wöchentlich, die in Absprache an einem oder zwei Wochentagen abzuleisten sind.
Die Stelle ist nicht befristet. Bei Bewährung des/der Mitarbeiter*in besteht, abhängig von der Personalentwicklung der Fraktion, die Möglichkeit, dass die/der Stelleninhaber*in am Jahresende 2021 das Angebot bekommt, die Aufgaben der organisatorischen Fraktionsgeschäftsführung zu übernehmen (in Absprache 20 oder 25 Wochenstunden, Bezahlung nach TVÖD 11). Bewerber*innen, die eine notwendige Flexibilität mitbringen, um dann den größeren Arbeitsumfang übernehmen zu können, werden bevorzugt eingestellt.
Bewerbungen sind per E-Mail bis 04.04.2021, 24:00 Uhr, an gruene-fraktion@ulm.de zu richten.
GRÜNE Argumente für sechs Brückenspuren (vorgetragen von Lena Christin Schwelling in der Sitzung am 24. März)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
darüber, dass die Adenauerbrücke neu gebaut werden muss, sind wir uns alle einig, denn auch wenn die Brücke mit den aktuellen Maßnahmen wie bspw. dem Monitoring noch bis 2028 weiterbetrieben werden kann, ist sie am Ende ihrer Lebenszeit angekommen. Nicht zuletzt, weil sie ursprünglich nur für vier Autofahrspuren gebaut, heute sechs tragen muss.
Ein Ersatzneubau ist also notwendig und über das WIE dürfen und müssen wir hier diskutieren. Die Besonderheit dieser Diskussion liegt aber drin, dass sich die Baulast der Adenauerbrücke zu 100% beim Bund befindet, die Bauherrenrolle daher das staatliche Bauamt Krumbach inne hat und die Städte Ulm und Neu-Ulm folglich nur Empfehlungen abgeben können. Planung und Auftragserteilung haben bereits stattgefunden und sind mit den Städten abgestimmt worden.
Wir werden eine Empfehlung abgeben entweder für einen achtspurigen Neubau oder einen sechsspurigen Neubau, jeweils mit beidseitig begleitenden Geh- und Radwegen.
Sie empfehlen uns in der Vorlage die achtspurige Variante zu Befürworten, doch einige der Argumente, die Sie als Begründung dafür anführen, erscheinen uns sehr an den Haaren herbeigezogen! Beispielsweise die Möglichkeiten zu schaffen, später eine Tram-Spur nachrüsten zu können.
Sie wissen, unsere Fraktion befürwortet, wie auch die SPD-Fraktion, schon seit Langem eine Straßenbahnlinie 3 nach Wiblingen. Doch wie alle Expertinnen und Experten und auch wie Sie als Verwaltung, wissen wir, dass die Adenauerbrücke dafür als Querung über die Donau eben nicht in Frage kommt. Eine Straßenbahn würde wenn überhaupt nur dann wirtschaftlich genug und damit förderfähig sein, wenn wir sie über Neu-Ulm, Ludwigsfeld und Wiley und damit eben nicht über Adenauerbrücke, sondern die Herdbrücke führen würde.
Eine mögliche Tram-Trasse als Argument für acht Spuren dürfte damit erledigt sein, da stimmen Sie mir sicher zu.
Als ein gewichtigeres Argument erscheint die Finanzierungsfrage der Lärmschutzmaßnahmen. Denn nur bei einem Ausbau, also der Erweiterung auf acht Spuren, wäre hier der Bund in der Pflicht, andernfalls würde das wir Städte tragen müssen. Dass es so oder so Steuergelder der Bürgerschaft sind, ist klar und ob eine neue Bundesregierung ab Herbst an einer Förderpolitik festhalten wird, die derart fatale Anreize für mehr Autoverkehr setzt, daran würden wir auch ein großes Fragezeichen machen wollen und auch dieses Argument damit entkräfte.
Dass die Bauphase beim Ersatzneubau der Adenauerbrücke eine besondere Herausforderung darstellt, das liegt vor allem dran, dass der Verkehr über die Donau an dieser Stelle auch während der Bauphase möglich sein muss, schreiben Sie. Trotz allem ist es für uns GRÜNE - anders als es die Vorlage formuliert – nicht das wichtigste, dass während der Bauphase „die verkehrlichen Einschränkungen auf ein absolutes Mindestmaß“ begrenzt werden. Denn die Bauphase ist nur ein Bruchteil der Zeit des Brückenlebens. Und würden wir all unsere Bauprojekte unter dieser Prämisse planen, wir hätten die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes und der Friedrich-Ebert-Straße nie beginnen dürfen, denn hier haben wir für alle Verkehrsteilnehmer eine erhebliche Belastung geschaffen und das über viele Jahre. Aber weil das Gebiet, wenn es dann fertig ist, diese Mühen wert gewesen sein wird, nehmen wir das alle in Kauf.
Warum sollten wir bei der Adenauerbrücke andere Maßstäbe anlegen?
Eine Verbesserung der Verkehrssicherheit durch die acht Spuren nehmen Sie auch an, insbesondere bei den Verflechtungsvorgängen, aber ließen sich diese Ziele nicht auch anderes erreichen, beispielsweise durch eine Reduktion der Fahrgeschwindigkeit oder eine Verlagerung der Verflechtungen auf Bereiche vor bzw. hinter der Brücke. Müssen wir uns eine achtspurige Megabrücke über die Donau bauen, damit der Spurwechsel einfacher funktioniert?! Wir finden nicht!
Der Ausbau auf acht Spuren wird – das schreiben Sie auch in der Vorlage – übrigens NICHT zu einer Erhöhung der Kapazität und zu weniger Stau rund um die Adenauerbrücke führen, auch wenn manch ein Befürworter das gerne behauptet, denn ausschlaggebend für die Verkehrskapazität der Brücke sind die Knoten vor und hinter der Brücke auf der Ulmer bzw. neu-ulmer Seite. Eine achtspurige Brücke liebe Autofans, bedeutet als nur, dass Sie bestenfalls im Stop-und-go Verfahren bis zur Brücke kommen, dann mit ganz viel Tempo über einen achtspurigen Boulevard heizen können, um hinterher wieder zu stehen. Und das kann ja wohl kaum Sinn der Sache sein!
Die Bauphase, die Sie ebenfalls als bedeutendes Argument für den achtspurigen Ausbau heranziehen, mag uns aus heutiger Perspektive lang vorkommen, aber auf die Lebenszeit der Brücke von ca. 70 Jahren gesehen, ist sie verdammt kurz. Deshalb darf dieser kurze Zeitraum nicht darüber entscheiden, womit wir und kommende Ulmerinnen und Ulmer im langen Zeitraum des Brückenlebens werden umzugehen haben.
Die aktuelle Adenauerbrücke ist von 1954, sie wird also etwa 70 Jahre die Donau überspannt haben. So lange sollte auch die neue Brücke bestehen können. Wir treffen hier heute also eine Entscheidung nicht nur für die unmittelbare Zukunft, sondern auch weit voraus. Wie die Welt wohl 2090 aussehen wird, wissen wir nicht, aber dass wir bis dahin noch selbst unsere Autos besitzen und fahren und sie mit fossilen Brennstoffen betreiben, das erscheint doch sehr unwahrscheinlich.
Doch die Entwicklungen hin zu weniger Autoverkehr, mehr umweltfreundlicher Mobilität und womöglich einem völligen Bedeutungsverlusts des Autos, wie wir es kennen, berücksichtigen die Planungen nicht.
Wie oft stehen wir heute in den deutschen Städten und ärgern uns darüber, dass im Nachkriegsdeutschland die autogerechte Stadt das non-plus-ultra war und daher Straßenbahnlinien zurückgebaut, Lebensraum zu Parkplätzen umgewidmet wurde und breite Autoverkehrsschneisen in die Städte geschlagen wurden. Diese Fehlentwicklung zu korrigieren kostet uns heute viel Kraft, zeit und Geld, auch in Ulm.
Lassen Sie uns diese Fehler nicht wiederholen und große Infrastrukturprojekte nicht ausschließlich für unsere heutigen Mobilitätsbedürfnisse bauen, sondern auch die kommenden Zeiten und kommenden Generationen bedenken, die mit unseren Entscheidungen werden leben müssen.
Und so weit müssen wir dafür garnicht vorausdenken, denn selbst wir haben doch die Weichen hin zu einer klima- und umweltschonenden Mobilität längst gestellt! Wir wollen den Autoverkehr reduzieren, den Nahverkehr ausbauen und stärken und den Anteil des Radverkehrs auf 25% erhöhen!
All das berücksichtigen die Prognosen, die das staatliche Bauamt seiner Berechnung, die eine Zunahme des Autoverkehrs erwartet, NICHT. Auch unser inzwischen über sieben Jahre alter Verkehrsentwicklungsplan, der ebenso Grundlage für die Empfehlung des Verkehrsministeriums, wie des von Ihnen in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachtens ist, enthält diese von uns bereits eingeleitete Mobilitätswende nicht und kann folglich nicht als Grundlage für eine Prognose dienen, erst recht nicht für den weiten Zeitraum von bis zu 70 Jahren. Sie gehen darin von einer allgemeinen Verkehrszunahme im Bereich des motorisierten Individualverkehrs aus.
Aber liebe Verwaltung, damit nehmen Sie das Scheitern all unserer Bemühungen hier in Ulm eine sichtbare und wirksame Verkehrswende einzuleiten, ja voraus! Haben Sie so wenig Vertrauen in unsere Maßnahmen, die wir - unserer Grünen Sich nach zwar viel zu langsam - aber eben dennoch Schritt für Schritt angehen?!
Und dass dann auch noch genau an dieser Stelle der Stadt, wo wir doch mit der Landesgartenschau 2030 genau diese neue Vorstellung von Stadt sichtbar machen wollen und die Dominanz des Autoverkehrs zurückschrauben, stadtverträgliche Mobilität fördern und mehr Grün- und Erholungsräume schaffen werden!
Die Planungen für die Ulmer Landesgartenschau sehen eine wesentliche Reduktion des MIV vor, beim Blaubeurer Tor, aber ganz wesentlich auch am Ehinger Tor vor und die Ehinger Anlagen sollen wesentlicher Bestandteil des Vorhabens werden.
Wer soll verstehen, dass wir dann direkt an das Gelände der Landesgartenschau angrenzend das absolute Gegenteil verwirklichen, nämlich mehr Raum für den Autoverkehr, mehr versiegelte Flächen, den Rückbau des Erholungsraums Ehinger Anlagen und die Fällung alter und wertvoller Bäume?!
Ganz zuletzt und sehr knapp gehen Sie in der Vorlage auf den zu erwartenden Eingriff in die Ehinger Anlagen ein. Und der wird massiv. Sie beschreiben auch den enormen Naherholungswert und den wertvollen Baumbestand aus überwiegend alten Bäumen, der durch das Bauprojekt insgesamt aber durch die achtspurige Variante noch massiver beeinträchtigt wird. Dieser Punkt ist aus unserer Sicht jedoch das gewichtigste Argument gegen einen achtspurigen Ausbau.
Und dabei ist es nicht entscheidend, ob es jetzt 77 Bäume, 56 Bäume oder wie viele genau es jetzt letztlich sein werden, die gefällt werden müssen - darüber scheinen Sie sich ja mit dem staatlichen Bauamt Krumbach noch nicht einig zu sein, denn fest steht, es sind sehr viele Bäume, die mitunter alt und wertvoll sind und es sind bei einem Ausbau auf acht Spuren deutlich mehr Bäume, die dem Brückenbau zum Opfer fallen werden, als bei sechs Spuren.
Über den enormen Wert jedes einzelnen Baumes für das Mikroklima und die Luftqualität in der Stadt, gerade in einer so belasteten und verkehrsintensiven Gegend, will ich garnicht mehr viel sagen, denn dahaben wir hier schon oft diskutiert und sind uns in der Theorie deshalb auch immer sehr einig, dass wir möglichst jeden Baum erhalten wollen, doch in der Praxis setzt sich diese Erkenntnis dann leider viel zu selten durch.
Und es ist gut, wenn Sie zum Ausgleich neue Bäume an anderer Stelle pflanzen, doch bis ein junger Baum die Qualitäten erreicht hat, wie einer der alten Bäume, die Sie hier fällen wollen, werden Jahre vergehen und für die Luftqualität an genau der Stelle oder den Erholungswert der Ehinger Anlagen, hilft das dann leider auch wenig.
In der Abwägung aller genannten Argumente, der Tatsache, dass die vermeintliche Tramtrasse Unsinn ist, der Lärmschutz so oder so aus Steuermitteln finanziert werden wird und wie große Zweifel an der Prognose zur Zunahme des Autoverkehrs haben, es andererseits aber um den Erhalt wertvoller Baumbestände geht, kommen wir zu der festen Überzeugung, dass der Schutz der Bäume und der Erhalt der Ehinger Anlagen für uns ein Votum für einen achtspurigen Ausbau der Adenauerbrücke ausschließt!
Stattdessen wollen wir uns an dieser Stelle bei allen Engagierten aus Verbänden und Bürgerschaft bedanken, die uns in den letzten Wochen ihren Unmut über den geplanten Ausbau mitgeteilt haben, öffentlichen Druck erzeugt haben und an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren, den Ausbau einer achtspurigen Adenauerbrücke ebenso abzulehnen wie wir!
Von der heutigen Entscheidung geht auch ein Signal aus, ob wir es Ulm ernst meinen mit der Verkehrswende, oder ob das nur Schönwetterworte sind, die nach jedem ungehaltenen Schreiben der IHK wieder zurückgenommen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Danke!