Juli 2019

© GRÜNE Fraktion Ulm
Liebe Ulmerinnen und Ulmer, liebe Leser*innen,
Sie haben den letzten Rundbrief der jetzigen Fraktion vor sich, dieses Mal kommt er als Doppelausgabe (Nr. 118-119, 53. Ausgabe dieser Amtszeit). Am kommenden Schwörmontag wird der neue Gemeinderat vereidigt und die neue, deutlich größere GRÜNE Fraktion nimmt ihre Arbeit auf.
Was der noch amtierende Gemeinderat als Ganzes und die GRÜNE Fraktion im Besonderen in den vergangenen sieben Wochen beschlossen oder auf den Weg brachten, haben wir für Sie zusammengestellt und wünschen viel Spaß bei der Lektüre.
Ihr Herausgeber der GRÜNEN Nachrichten und Fraktionsgeschäftsführer
Michael Joukov-Schwelling.

© Seebrücke Ulm
Endlich! Nach umfangreichen Abstimmungen zwischen den Fraktionen konnte in der letzten Ratssitzung eine Resolution zur Abstimmung gestellt werden, die Ulm als sog. Sicheren Hafen benennt. Diese wurde ohne Gegenstimme angenommen. Damit wird die Stadt Ulm ihrer Rolle als Internationale Stadt gerecht. Nachfolgend die Resolution im Wortlaut:
Seit knapp einem Jahr hat die italienische Regierung alle Häfen für Schiffe blockiert, die in Seenot geratene Geflüchtete aus dem Mittelmeer bergen konnten. So auch Ende Juni, als das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" mit rund 40 Geflüchteten an Bord auf der italienischen Insel Lampedusa anlegen und unter Androhung strafrechtlicher Konsequenzen für die Kapitänin mehrfach zurückgewiesen wurde. Erneut wurden diese Menschen nicht an Land gelassen, weil sich die EU-Länder noch immer nicht auf eine Verteilung der Geflüchteten einigen konnten. Eine gesamteuropäische Lösung ist aber bis auf weiteres nicht in Sicht.
Die Zahl der Personen, welche auf ihrer Flucht über das Mittelmeer zu Tode gekommenen sind oder vermisst werden, wird vom UN-Flüchtlingswerk UNHCR zwischenzeitlich auf mehrere tausend geschätzt. Diese Entwicklung widerspricht aus Sicht des Ulmer Gemeinderats nicht nur dem Geiste der europäischen Aufklärung, sie steht auch gegen die grundsätzlichen Werte des Zusammenlebens in der europäischen Gemeinschaft, welche von Menschlichkeit und humanitärer Unterstützung geprägt sein sollte.
Auf Basis dieser Ausführungen erlässt der Gemeinderat der Stadt Ulm die folgenden Erklärungen:
Die Stadt Ulm unterstützt wie zahlreiche andere Städte die Initiative "Seebrücke - Schafft sichere Häfen!".
Die Stadt Ulm appelliert an die Bundesregierung, sich noch nachdrücklicher und verstärkter für die Bekämpfung der Fluchtursachen sowie der Rettung der Menschen im Mittelmeer einzusetzen.
In der traditionell engen Beziehung zu verschiedenen Partnerländern entlang der Donau spricht sich die Stadt Ulm ausdrücklich für ein gemeinsames, solidarisches europäisches Vorgehen aus, in dem die teilweise nationalen Abschottungsansätze überwunden und ein gemeinschaftlicher und fairer Umgang mit den hilfesuchenden Menschen erreicht wird.
Die Stadt Ulm erklärt gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Bereitschaft, auch über bundesrechtliche Pflichten hinaus Geflüchtete aufzunehmen.“

© GRÜNE Fraktion Ulm
„Wir nehmen dieses als Auftrag, unser Bestes für die Ulmerinnen und Ulmer zu geben und alles dafür zu tun, unsere Wahlversprechen zu 100% umzusetzen“, verspricht Dr. Richard Böker.

© Annette Weinreich
„Den Bericht zur Wohnungsdebatte zur Kenntnis zu nehmen“ – so knapp fiel der Beschlussantrag zur Sitzung des Ausschusses am vergangenen Dienstag aus. In der Tat stand da vor allem die Analyse im Vordergrund, welche Maßnahmen ergriffen werden, darf der kommende Gemeinderat entscheiden. Allerdings haben es die Zahlen in sich. Man muss es klar benennen: sowohl das Ziel, 700 Wohneinheiten im Jahr erstellt zu bekommen, als auch das Ziel, damit den Mietpreisanstieg zu bremsen, wurde bisher verfehlt. Es gilt daher, konsequenter heranzugehen.
„Die Wohnraumversorgung wird zunehmend zur wichtigsten sozialen Frage in Großstädten, auch in Ulm. Wir müssen also konsequenter sein. Es gilt, Baukosten zu senken, verdichteter zu bauen und schneller zu bauen. Vor allem gilt es, die Quote von 30% Sozialwohnraum ohne Ausnahmen durchzusetzen – auch über das Baurecht. Wir setzen auf die gemeinnützigen und genossenschaftlichen Bauunternehmen, diese sollen vorrangig an städtische Grundstücke kommen. Die UWS soll bis 2030 mindestens 10.000 Wohnungen im Bestand haben, um den Mietwohnungsmarkt effektiv beeinflussen zu können“, fasst Annette Weinreich zusammen.

© GRÜNE Fraktion Ulm
Wiblingen ist derzeit der größte Stadtteil ohne eine Straßenbahnanbindung. Neben der Verlängerung im Westen ist es unser wichtigstes Anliegen, dieses zu ändern. Es ist jedoch nur sinnvoll, wenn eine Führung über Neu-Ulm verwirklicht wird. Hierzu wollen wir auf Augenhöhe mit unserer Nachbarstadt verhandeln – und das wäre mitten im bayerischen Kommunalwahlkampf schwer denkbar.
„Wir werden aber genau darauf achten, dass der Auftrag des Gemeinderats umgesetzt wird und der weitere Ausbau der Straßenbahn geprüft und bei positivem Ergebnis in Angriff genommen wird“, verspricht Denise Elisa Niggemeier.

© GRÜNE Fraktion Ulm
Im vergangenen März haben wir GRÜNEN einen Vorschlag zur spürbaren Senkung der Kita-Gebühren in Ulm eingebracht, mit der Intention, einen Beschluss zum kommenden Kindergartenjahr herbeizuführen. Leider war es nicht möglich, rechtzeitig eine Einigung im Rat zu erzielen. Das Thema ist damit aber nicht vom Tisch.
„Es ist unverändert unsere Priorität, die Eltern zu entlasten. Hierzu werden wir weiterhin Gespräche über eine Einigung der Fraktionen führen, damit die Gebührensatzung geändert wird – nunmehr zum 1. Januar“, verdeutlich Dr. Richard Böker die GRÜNE Haltung.
Die Fraktion ist ausdrücklich offen und kompromissbereit, was die konkrete Gestaltung angeht. Es wurden bereits mehrere Vorschläge ins Spiel gebracht, es ist eine Vielzahl von Modellen denkbar. Zentral ist dabei für uns allerdings, dass es endlich gelingt, die Mehrheit für die Gebührensenkung zu ermöglichen.

© Steffi Duong
Rund vier Jahre nach Beginn der ersten Planungen fiel der letzte Beschluss rund um das Sportopia. Die GRÜNEN Stimmen gaben den Ausschlag, als der Rat (im Mai 2017) mit 18 zu 18 Stimmen einen Blankoscheck für das Projekt ablehnte. Nun legte der Verein eine verkleinerte Version der Planungen vor, bei der auch das Verhältnis des sportlichen zum kommerziellen Bereich zugunsten des ersten verändert wurde. Diese fand fast einhellige Zustimmung.
„Es hat zwar länger gedauert, aber der Verein hat nun auf die Kritik aus dem Rat reagiert und die Pläne angepasst. Schließlich geht es um einiges an Steuergeld, und es obliegt dem Rat, über die Auflagen dafür zu bestimmen. Dabei haben alle 40 Rät*innen das Recht und die Pflicht, nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. Wenn Mitglieder der Vereinsführung unsere CDU-Kolleg*innen dafür kritisieren, ihrem Gewissen zu folgen, ob im Leserbrief oder in einem Artikel, vergreifen sich diese im Ton. Aber nun gilt, es einen Punkt an die Debatte zu machen, ich wünsche dem Bau einen schnellen und unfallfreien Verlauf“, erklärt Sigrid Räkel-Rehner.

© Stephanie Duong
„Den geringer wachsenden Allgemeinen Finanzmitteln von +5 Mio. € (+1,8 %) steht eine stark steigende Budgetfortschreibung von 17 Mio. € (+ 6,6 %) gegenüber. [...] Eckdaten zum Haushaltsjahr 2020 gelingt der Haushaltsausgleich trotz hoher Steuereinnahmen nur mit einem relativ niedrigen Überschuss von rd. 3 Mio. €. Ein Puffer ist praktisch nicht vorhanden, insbesondere wenn sich Verschlechterungen aus den Orientierungsdaten des Landes für 2020 (Haushaltserlass 2020) ergeben sollten.“ – diese Kernaussage aus dem Beschluss der Haushalts-Eckwerte (GD 900/19) bringt das Dilemma sehr gut auf den Punkt. Selbst in Zeiten höchster Steuereinnahmen reicht das Geld für die Finanzierung der städtischen Auf- und Ausgaben gerade mal knapp aus.
„Damit unsere Aufgaben als Stadt auch in 5, 10 oder 15 Jahren erledigt werden können, ist es entscheidend, finanzielle Spielräume nicht heute schon zu verbauen, das betrifft sowohl die expliziten Schulden als auch den Zustand der städtischen Infrastruktur und die Rückstellung für die Instandhaltung selbiger“, kommentiert Lena Christin Schwelling. Es gilt also, Prioritäten zu setzen, und nur die wirklich wichtigen zusätzlichen Ausgaben zu genehmigen.
Die GRÜNEN Prioritäten dabei sind eindeutig: wir stehen für den Vorrang für Umwelt- und Klimaschutz, den Wohnungsbau und der Bildung (inklusive der frühkindlichen). Das werden unsere Leitlinien bei der anstehenden detaillierten Haushaltsberatung im Herbst sein.

© GRÜNE Fraktion Ulm
„Die EBU werden in 2019 mit den Dualen Systemen darüber verhandeln und ausloten, in wieweit das vorhandene Konzept zur Sammlung von Verpackungen zu welchen Konditionen über das Jahr 2020 hinaus beibehalten werden kann und zu welchen Konditionen es welche Alternativen (Gelbe Tonne/Wertstofftonne) insbesondere bei der Sammlung von Leichtverpackungen ab 2021 geben könnte.
Die EBU werden im Betriebsausschuss über den Fortgang der Verhandlungen berichten und diesem baldmöglichst eine modifizierte Abstimmungsvereinbarung mit den Dualen Systemen zur Beschlussfassung vorlegen“, so der Beschlussantrag aus der vergangenen Sitzung, der einstimmig angenommen wurde. Die Leser*innen unseres Rundbriefs werden schon gelesen haben, dass das neue Verpackungsgesetz der GroKo eher ein Kniefall vor der Verpackungsindustrie auf Kosten der Kommunen ist.
„Dass eine Klarsichtfolie anders zu entsorgen ist als eine Verpackung aus demselben Material, leuchtet wohl niemanden ein. Aber so ist das Gesetz nun. Unsere Priorität wird es nun sein, das für Ulm bestmögliche herauszuholen, und vor allem die Sammlung der Gelben Säcke auch über Großcontainer zu ermöglichen, damit die Säcke Straßen und Grünflächen nicht verunstalten“, kommentiert Michael Joukov-Schwelling.

© GRÜNE Fraktion Ulm
Auch in einer wohlhabenden Stadt wie Ulm und auch bei der jetzigen guten Konjunkturlage gibt es nach wie vor Menschen, die keine Arbeit finden. Das bringt das jetzige, auf Konkurrenz angelegte Wirtschaftssystem leider mit sich. Die kommunale Beschäftigungsförderung, die in der letzten Sitzung des zuständigen Ausschusses behandelt wurde, tut das in diesem Rahmen Bestmögliche, und wir danken allen, die daran mitarbeiten. Wir müssen aber auch erneut das Problem des KdU-Satzes ansprechen, also des Betrags, der den ALG-II-Bezieher*innen für die Anmietung der Wohnung zur Verfügung steht.
„Alleinstehende werden in Ulm es vielleicht noch schaffen, eine Wohnung für die ihnen zustehenden 329 Euro monatlich zu finden. Eine angemessene Wohnung für eine dreiköpfige Familie für 510 Euro im Monat anzumieten, ist in ulm eher Wunschdenken. Wir brauchen eine Neuberechnung des KdU-Satzes, die der tatsächlich Verfügbarkeit Rechnung trägt, und natürlich auch mehr Anstrengung zur Schaffung günstigen Wohnraums“, kommentiert Doris Schiele.

© GRÜNE Fraktion Ulm
„Mit großer Freude haben wir gelesen, dass die Beschäftigten der Stadt nun ein Bike-Sharing-Programm der SWU angeboten bekommen. Wir haben den OB ermuntert, rege Werbung dafür zu machen, denn ein Fahrrad ist einem PKW, egal wie der Antrieb aussieht, ökologisch überlegen. Im Sinne der Familienfreundlichkeit sollten die Räder überdies mit einem Kindersitz auf dem Gepäckträger versehen werden“, kommentiert Wolfgang Stittrich.
Ferner finden wir es an der Zeit, dass auch die Stadtspitze mit einem guten Beispiel vorangeht. Uns ist durchaus bewusst, dass der OB sein Dienstauto meist stehen lässt und Pedelec bzw. den öffentlichen Verkehr nutzt, das erkennen wir auch ohne Vorbehalt an. Dennoch sollte auch ein stehendes OB-Dienstauto vorbildhaft sein. Wir haben daher gefordert, ein Fahrzeug mit alternativem Antrieb als OB-Dienstwagen zu beschaffen.

© GRÜNE Fraktion Ulm

Mit 30 zu 7 Stimmen hat der Gemeinderat den Weg frei gemacht für einen Neubau eines Technik- und Probengebäudes am Ulmer Theater. Darin sollen auch Räume für das Kinder- und Jugendtheater entstehen. Nicht in Frage gestanden für uns der Neubau an sich, weil das Orchester schlicht aus Gründen des Arbeitsschutzes einen Proberaum benötigt, der groß genug ist, damit der Schalldruck nicht übermäßig wird. Keine einheitliche Position konnten wir in der Frage finden, ob auch die Räume für die Kinder- und Jugendtheater im Neubau entstehen sollen.
Die GRÜNE Fraktion stand dabei vor einer schwierigen Abwägung: einerseits ist es eindeutig, dass die Räume im Alten Theater nur bedingt geeignet sind. Andererseits sind städtische Mittel begrenzt, und der Sanierungsstau an den Schulen evident. Für Richard Böker, Michael Joukov-Schwelling, Doris Schiele, Lena Christin Schwelling und Wolfgang Stittrich überwog die Notwendigkeit, ein zeitgemäßes Kinder- und Jugendtheater anbieten zu können. Für Denise Elisa Niggemeier, Sigrid Räkel-Rehner und Annette Weinreich waren die Ausgaben vor dem Hintergrund des Sanierungsstaus an Schulen nicht zu rechtfertigen.

© GRÜNE Fraktion Ulm
Das von Prof. Dr. Florian Steger von der Universität Ulm erstellte Gutachten ist überaus eindeutig: Ludwig Heilmeyer kommt als Namenspate für eine Straße nicht in Frage. Folgerichtig hat der Ulmer Gemeinderat nun das Verfahren zur Umbenennung eingeleitet.
„Man muss es klar sagen: die in den 1990ern Jahren ergangene Entscheidung, die Straße am Eselsberg nach Ludwig Heilmeyer zu benennen, war falsch. Sie mag vor dem Hintergrund der langjährigen Tradition, lieber nicht zu genau hinzusehen, verständlich sein. Dennoch muss dieser Beschluss nun korrigiert werden. Es ist sehr wichtig, möglichst viele Betroffene, die völlig zu Recht verärgert sind, mitzunehmen. Deswegen geht der Rat keinen einfachen Weg, die Umbenennung einfach anzuordnen, sondern hat ein umfangreiches Programm beschlossen, samt Bürger*innen-Information und Beteiligung. Diese Zeit muss man sich wirklich nehmen, und den Aufwand nicht scheuen“, verdeutlicht Michael Joukov-Schwelling.

© Annette Weinreich
Das Neubauprojekt im Areal Neutor-/Karlstraße ist architektonisch und planerisch ein gutes, und der Investor musste wegen des Straßenbahnbaus lang genug auf den Baubeginn warten. Somit war es höchste Zeit, dass der Bebauungsplan auf den Weg gebracht wird. Wäre da nicht ein „aber“ - der Anteil preisgünstigen Wohnraums. Der Gemeinderat hat bereits vor Jahren beschlossen, 30% preisgebundenen Wohnraums bei Neubauten zu fordern. Üblicherweise wird dieses beim Verkauf des Grundstücks im Kaufvertrag verankert. Im fraglichen Bereich erfolgte der Kauf jedoch vor dem Beschluss. Es wäre ohne weiteres möglich, die 30% nun im Bebauungsplan zu verankern (dieser Plan wertet das Gebiet auf, sodass es nicht unanständig wäre, da etwas als Gegenleistung zu fordern). Leider war die Mehrheit am Ratstisch dazu nicht bereit.
„Wir werden mit gleicher Konsequenz, aber neuer Stärke im neuen Gemeinderat dafür kämpfen, die 30% ohne Ausnahme durchzusetzen. Der Grundsatzbeschluss bringt nur etwas, wenn er auch vor Ort umgesetzt wird“, kommentiert Annette Weinreich.

© GRÜNE Fraktion Ulm
Auch beim Bebauungsplan „Magirusstraße – Söflinger Straße – Teil 2“, der nun aufgestellt worden ist, sind leider keine Räumlichkeiten für eine Kita vorgesehen. Dabei bietet es sich geradezu an, auch im neuen Quartier für eine Kinderbetreuung vor Ort zu sorgen.
„Es hat sich bewährt, Räume für eine Kita in einen Neubau zu integrieren. Wir wollen dafür sorgen, dass das im nun anstehenden 3. Bauabschnitt erfolgt. Schließlich kommen in Ulm erfreulicherweise nun mehr Kinder zur Welt, die Räume werden also sicher gebraucht werden“, kommentiert Denise Elisa Niggemeier.