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Der Ulmer Bindertanz

Ein Junge in der traditionellen Tracht der Küferinnung blickt mit einem Lächeln in die Ferne. Zwei Küfer-Mädchen sind in Tracht im Hintergrund des Bildes zu sehen.

Der Bindertanz findet alle vier Jahre im Wechsel mit dem Fischerstechen statt.

Sonntag, 23. Juli

15.00 Uhr: Judenhof
15.20 Uhr: Schuhhausplatz
15.40 Uhr: Hans-und-Sophie-Scholl-Platz
16.00 Uhr: Ecke Stadthaus/Mohrenapotheke
16.40 Uhr: Weinhof
17.00 Uhr: Marktplatz

Schwörmontag, 24. Juli

11.00 Uhr: im Rahmen der Schwörfeier auf dem Weinhof

In unserer aktuellen Podcast-Folge erhalten Sie einen Eindruck davon, was hinter der Tradition steckt:

 

Was den Münchnern der Schäfflertanz, ist den Ulmern der Bindertanz, denn (Fass-) Binder sind dasselbe wie Schäffler, nämlich Küfer. Doch während die Schäfflertänze in München und anderswo zur Fastnachtszeit stattzufinden pflegen, orientieren die Ulmer Binder ihren Tanz-Termin am Schwörmontag.

Der Bindertanz findet nur alle vier Jahre statt. Allerdings kann diese Regel zu außergewöhnlichen Anlässen oder Jubiläen ausgesetzt werden. Getanzt wird an den beiden Sonntagen vor Schwörmontag auf verschiedenen Plätzen der Stadt sowie am Schwörmontag während der vormittäglichen Schwörfeier auf dem Weinhof. Gelegentlich gehen die Binder auf Tournee und bereichern mit ihrem Reiftanz auswärtige Gartenschauen oder ähnliche Veranstaltungen.

Der Zunftmeister der Küferinnung schwenkt das Weinglas

Zum Tanz marschieren die Binder in einer Prozession, geführt vom Fahnenträger mit der Zunftstandarte. Ihm folgen drei Binderbuben. Sie tragen die überdimensional gestalteten Zunft-Insignien „Schlegel“ und „Driesel“ sowie die „Bütsch“. Die „Bütsch“ ist eine Kanne, der „Driesel“ wurde auf die einst aus hölzernen Ruten geflochtenen Fassreifen aufgesetzt, die mit dem „Schlegel“ festgeklopft wurden. Heutzutage verwendet man für die eisernen Fassreifen die „Setze“, die während des Tanzes noch zum Einsatz kommt. Der „Fassroller“ leistet während des Zuges schier Übermenschliches, wenn er auf dem ganzen Weg mit einer Hand ein 20 Kilo schweres 120-Liter-Fass auf der Kante vor sich herrollt – während ihm die Sommersonne auf Dreispitz und Perücke brennt. Ihm folgt der Zunftmeister mit dem Zunftstab; zwei Bindermädchen mit weingefüllten Zinnkannen schreiten an seiner Seite. Ein jedes der 16 Tänzer-Paare trägt eine halbkreisförmige, mit grünen Zweigen verzierte Girlande. Ihre barocke Tracht besteht aus roten Kniehosen, weißen Hemden mit rotem Bändel am Arm, roten Schärpen, weißen Strümpfen, schwarzen Schuhen, weißen Zopf-Perücken und schwarzen Dreispitzen. Diese Tracht ist aus der Reichsstadtzeit überliefert in Form der kleinen Tonfigürchen des Hafnermeisters Septimus Rommel, die im Museum zu sehen sind.

Die Tänzer, denen die als Garnisonssoldaten gewandete Kapelle aufspielt, bewegen sich in acht Figuren um den Zunftmeister, der sich mittlerweile auf das Fass gestellt hat, an welchem der Fassroller mit Hammer und Setze im Takt den Fassreifen festklopft. Einen anderen Fassreifen, in dem ein gefülltes Weinglas steht, lässt der Meister auf dem Fass über seinem Haupt kreisen. Bei diesem „Reifenschwingen“ darf kein Tropfen verlorengehen. Zum Schluss leert er das Glas in einem Zug.

Der Bindertanz gehört zur Kategorie der Reiftänze. Die sind mit dem Schwerttanz verwandt, mit dem sie oft gekoppelt waren. Eine solche gemischte Veranstaltung ist in Ulm aus dem Jahr 1551 überliefert, wo zur Fastnachtszeit Gesellen aus verschiedenen Handwerken tagsüber Schwert- und nachts Reiftänze aufführten. Die Bindergesellen haben den Reiftanz jedoch erst 1745 entdeckt und ihn von da an zur Ulmer Tradition werden lassen. Damals beantragten sie erstmals beim Rat, am Schwörtag vor den Häusern ihrer Kunden tanzen zu dürfen.

Die Veranstaltung war so erfolgreich – auch in finanzieller Hinsicht –, dass sie sie verlängern durften. Auch in den folgenden Jahrzehnten übten die Bindergesellen ihren neuen Brauch aus, allerdings in ziemlich unregelmäßigen Abständen. Als Ulm 1802 aufhörte, freie Reichsstadt zu sein, war es auch mit Schwörtag und Bindertanz vorbei. Dieser Tanz wurde erst 119 Jahre später wiederbelebt, als die Ulmer Geschäftswelt 1921 mit einer „Ulmer Schauwoche“ dem Publikum etwas Besonderes bieten wollte. Musik und Choreographie des Tanzes waren zwar verlorengegangen, doch wenigstens war das Aussehen der Trachten anhand der Rommel-Figuren zu rekonstruieren. Doch nun war der Bindertanz nicht mehr mit dem Schwörmontag gekoppelt, der inzwischen wieder zum offiziellen Fest geworden war.

Auch in späteren Jahren wurde der Bindertanz sporadisch aufgeführt; 1935 verlegten die Nationalsozialisten ihn wieder auf den Schwörmontag, um 1935 mit einer großangelegten „Ulmer Heimatwoche“ das lokale Brauchtum ihren ideologischen Zielen dienstbar zu machen. Dieser Missbrauch hat jedoch nicht verhindern können, dass auch nach dem Zweiten Weltkrieg der Bindertanz mit seinem ursprünglichen Termin, dem Schwörmontag, verbunden blieb.

In einen Vier-Jahres-Turnus wurde der Reiftanz der Ulmer Küfer 1968 gebracht. Er findet seither abwechselnd mit dem ebenfalls alle vier Jahre gefeierten Fischerstechen statt. Beide Zunftbräuche verleihen zusammen mit Schwörmontag und Schwörwoche der sommerlichen Ulmer Festkultur ein unverwechselbares Gesicht.